Stierkampf und Tierquälerei

Immer wieder, ja immer noch, leben der Disput um und die Polemik gegen den Spanischen Stierkampf, die Corrida de Toros, auf, zum Beispiel in Spanien selbst, in Deutschland oder, wie im Frühjahr dieses Jahres 2007, unter den Mitgliedern des Europäischen Parlamentes. Im Sommer eines jeden Jahres, so auch in diesem Jahr, findet man in den Zeitungen kurze Artikel zu den Stierläufen in Pamplona, die im Rahmen der Feierlichkeiten zu Ehren von San Fermín, dem  Patron der nordspanischen Provinz Navarra, veranstaltet werden. In den Berichten der Deutschen Presseagentur dpa wurde dabei in diesem Jahr durchweg von "Stierhatz" gesprochen, so als würden die Stiere von irgendjemandem oder irgendetwas gehetzt; dass die Menschen, die an dieser Veranstaltung teilnehmen, mit den Stieren laufen, im wesentlichen vor ihnen, aber auch neben und hinter ihnen, dass die Stiere nicht gehetzt werden, sondern sich im allgemeinen in einem Verband zusammen mit einer Anzahl von Ochsen befinden und getrieben werden von Hirten, wird im diesem Zusammenhang nicht deutlich gemacht. Stattdessen wird jeden Bericht abschließend darauf hingewiesen, dass sich Tierschützer gegen diese Veranstaltung aussprechen.

Häufig beobachtete ich in Spanien Situationen, in denen es zu Konfrontationen zwischen Stierkampfliebhabern und Stierkampfgegnern kam, zum Beispiel vor der Plaza de Toros in Valencia, vor der sich eine Gruppe zumeist junger Stierkampfgegner zum Protest gegen die Corrida de Toros eingefunden hatte und mit polemischen Äußerungen auf Transparenten, z.B. "Aficionados! Asesinos!" (Stierkampfliebhaber! Mörder!), und mit durch ein Megaphon geschrienen Parolen die Besucher der Corrida attackierten. Diese wiederum brüllten reflexartig auf die jungen Leute ein, ebenso aggressiv und polemisch wie die Protestierer, Drohungen und Verwünschungen ausstoßend. Ein älteres Ehepaar, das soeben die Plaza verlassen hatte, entdeckte seine jugendliche Tochter in der Gruppe der Protestierer und versuchte, sie unter Geschrei aus der Gruppe zu zerren. Ein anderes Mal erlebte ich, wie auf den obersten Rängen in einer Plaza de Toros kurz nach Beginn der Veranstaltung ein Transparent  mit der Aufschrift 'Tortura! Ni arte, ni cultura!' (Folter! Weder Kunst, noch Kultur!) von einer Stierkampfgegnerin ausgerollt wurde. Weiter tat sie nichts. Daraufhin erhob sich ein übles Pfeifkonzert im gesamten Rund der Plaza, zwei Polizisten kamen und führten die Frau zu meiner größten Bestürzung ab.

Betrachtet man die Proteste gegen den Stierkampf, wie sie von organisierten Gruppen wie z.B. Tierschutzvereinen ausgehen, findet man häufig Darstellungen von blutüberströmten Stieren, von Stieren, die, nachdem sie getötet wurden, im Sande der Plaza liegen, mit Sand an der Schnauze, mit offenen Augen, mit Löchern in der Haut. Es werden Leichname von Stieren gezeigt, die durch den Sand der Plaza gezogen werden, die an Seilen oder Ketten hängen, denen das Blut aus dem Körper läuft, die nach dem Kampf von einem Schlachter zerlegt werden.

Gelegentlich erscheinen in deutschen Zeitungen Artikel zum Thema Stierkampf, und auf den Webseiten der jeweiligen Zeitung findet man zum Artikel gehörende Diskussionsrunden, in denen die Internetnutzer on line das Thema Stierkampf untereinander diskutieren können. In diesen Diskussionen fallen Äußerungen wie: "Ja, wo leben wir denn?", "Wenn ich so was lese, könnte ich einfach nur KOTZEN! Dem Torero würde ich am liebsten in die EIER treten!", "Wenn so ein affiger Torero dabei draufgeht, geschieht ihm das doch ganz recht!"

Aus diesen Erlebnissen und Beobachtungen und aus meinen eigenen Diskussionen mit Stierkampfgegnern, aber auch wenn ich mir die in Diskussionen eingenommen Positionen und gemachten Äußerungen vieler Stierkampfbefürworter
und deren Attitüde vor Augen halte, haben sich bei mir folgende Überzeugungen herausgebildet:

Stierkampfgegnern und Stierkampfbefürwortern gelingt es nicht, konstruktiv miteinander zu kommunizieren.

Es wird nicht argumentiert, Dispute verlaufen unsachlich, es wird polemisiert, man streitet sich, ohne dem Gegner Gehör zu schenken, und beide Seiten versuchen sich gegenseitig oder Neutrale zu manipulieren.

Die eigene Meinung ist fixiert und über jeden Zweifel erhaben, die Position des anderen ist a priori falsch; es gibt keine Reflexion der eigenen Ansicht und sie wird nicht auf Richtigkeit überprüft.

Eine ehrliche Diskussion, die auf Vernunft, eigenen Überzeugungen, Anschauungen und Wertmaßstäben, aber auch auf Gefühlen - sowohl den individuellen, ganz alleine empfundenen, als auch den kollektiv empfundenen, die man innerhalb einer Gruppe hat - beruht, wird zugunsten emotionsbasierten1) Taktierens vermieden.

Bei
Stierkampfgegnern und Stierkampfbefürwortern überwiegt die Angst, dass sich die eigene Überzeugung als falsch herausstellen könnte.

Ich frage mich und Sie alle: Warum ist das so?

Am
15. Januar 2007 haben die Mitglieder des Europäischen Parlamentes Robert Evans, Mojca Drčar Murko, Gitte Seeberg und Carl Schlyter eine schriftliche Erklärung (schriftliche Deklaration 0002/2007) zu einem EU-weiten Verbot von Stierkämpfen zur Unterzeichnung durch die Abgeordneten des Europäischen Parlamentes vorgelegt. Im Zusammenhang mit der schriftlichen Deklaration 0002/2007 äußert sich der Präsident des Deutschen Tierschutzbundes Wolfgang Apel auf den Webseiten des Deutschen Tierschutzbundes (http://www.tierschutzbund.de/02535.html) folgendermaßen: "Wer Stierkämpfe als fröhliches und traditionelles Ereignis feiert, verschließt die Augen vor Tierleid und dem äußerst grausamen Umgang mit den Tieren." und "Der Stierkampf ist eine Volksbelustigung, die den moralischen und ethischen Grundüberzeugungen einer Gesellschaft zu Beginn des 21. Jahrhunderts widerspricht." Weiter liest man auf den Seiten: "Eine entscheidende ökonomische Basis für das Fortbestehen des Stierkampfes ist der Tourismus, denn die Arenen sind zum größten Teil nicht mit Einheimischen, sondern mit Touristen gefüllt." und "Europas größte Tier- und Naturschutzorganisation lehnt generell alle Brauchtümer ab, bei denen sich Menschen am Tierleid ergötzen."

Beim Lesen der schriftlichen Deklaration 0002/2007 und der Äußerungen, die der Deutsche Tierschutzbund veröffentlicht, gewinne ich den Eindruck, dass sich hier Personen zu Wort melden, die nur eine unzureichende oder keine Kenntnis von den Sachverhalten, die beim Spanischen Stierkampf vorliegen, besitzen. Diesen Eindruck habe ich erneut, wenn ich die Liste derjenigen deutschen Mitglieder des Europäischen Parlaments studiere, die die Deklaration bereits unterzeichnet haben (http://www.tierschutzbund.de/02531.html). Ich will wissen, inwieweit diese Parlamentarier sich mit dem Spanischen Stierkampf beschäftigt haben und auf welchem Wege sie sich eine solche Meinung darüber gebildet haben, dass sie dieser Deklaration zustimmen konnten. Ich befürchte, dass sie sich gar nicht damit befasst haben, sondern auf emotionaler Basis agieren, und ihre Einstellung weder klar begründen können, noch auf den Gedanken kommen, ihre Einstellung in Frage zu stellen.

Wenn ich mir nun zusätzlich das Agieren von Stierkampfgegnern in der Öffentlichkeit einerseits und deren Äußerungen in Mediendiskussionen andererseits sowie die Rolle der Stierkampfbefürworter vor Augen führe, komme ich zu folgenden weiteren Überzeugungen:

Stierkampfgegner haben im allgemeinen nur sehr geringe oder keine Kenntnisse vom Spanischen Stierkampf.

Stierkampfgegner sind - teilweise professionell - organisiert, Stierkampfbefürworter sind - fast - nicht organisiert.

In Mediendiskussionen herrscht eine ablehnende Haltung gegenüber dem Spanischen Stierkampf vor, verteidigende Meinungen werden meist von Neutralen, die ein Kulturgut erhalten wollen, vorgebracht, jedoch melden sich fast nie erklärte Stierkampfbefürworter zu Wort.

Stierkampfbefürworter scheuen im allgemeinen die Öffentlichkeit und gehen Kontroversen mit Stierkampfgegnern aus dem Wege.

Erneut frage ich mich und Sie alle: Warum ist das so?

Das eben beschriebene Ungleichgewicht führt dazu, dass Neutrale sehr häufig leicht empfänglich sind für Darstellungen wie in der folgenden Passage, die ich einer Broschüre des Deutschen Tierschutzbundes mit dem Titel "Wir informieren ... - STIERKAMPF"
2), die keine Quellenangaben enthält, entnommen habe:

"Spanische Tierfreunde berichten, dass viele Stiere für den Kampf präpariert werden:
Einige Tage vorher wird das Tier von der Weide genommen und in einen engen, dunklen Verschlag gesperrt. Nahrung und selbst Wasser wird ihm trotz großer Hitze vorenthalten.
Die Hörner werden einige Zentimeter abgeschnitten; wenn der Nerv beschädigt ist, schlägt man einen Splitter hinein, um die starke Blutung zu stillen und die Wunde zu schließen. Danach wird poliert, gerundet und kaschiert. Der Stier hat dadurch starke Schmerzen. Er verliert das Gefühl für Abstände beim Zustoßen und auch seine Balance ist gestört.
Schläge mit schweren Sandsäcken in die Nierengegend schwächen den Stier schon, bevor er die Arena betritt.
Mit Widerhaken versehene Nadeln werden dem Stier ins Fleisch gestoßen, um ihn zu reizen und um die Stelle für den tödlichen Degenstoß zu markieren.
Die Augen des Stieres werden mit Vaseline eingeschmiert, so dass die Sicht eingeschränkt wird. Die Nasenlöcher werden mit Watte verstopft. Dadurch wird die Atmung erschwert. Die Beine werden mit Terpentin eingerieben, damit Brennen und Jucken die Stiere unruhig machen und sie für die Zuschauer angriffslustig und gefährlich erscheinen.
In dem Moment, in dem der Stier in die Arena getrieben wird, ist er nicht wild oder aggressiv, sondern geschwächt und gequält."


Ähnliche Texte
, z.B. den folgenden, findet man auf etlichen Anti-Stierkampfwebseiten:

"Stellen Sie sich vor, man würde Sie auf einem Spaziergang durch eine spanische oder südfranzösische Landschaft plötzlich verhaften und dann folgendermaßen behandeln: Man bricht Ihnen mit einer Zange die Zähne ab - ohne Betäubung; man spickt Ihre Geschlechtsteile mit abgebrochenen Nadeln; man flößt Ihnen kiloweise scharfe Abführmittel ein, so dass Ihr Darm zu explodieren droht; man reibt Ihre Augäpfel mit Vaseline ein, so dass Sie alles nur durch einen Schleier sehen; man schlägt Sie 20 bis 30 mal in die Nierengegend, so dass Sie ständig einer Ohnmacht nahe sind; man reißt Ihnen die Fußnägel aus und spreizt Ihnen Holzteile zwischen die Zehen; und schließlich reibt man Ihnen Füße und Beine mit Terpentin ein, so dass Sie vor brennendem Schmerz auf- und abspringen."


Auf meine Nachfrage gab der Besitzer einer dieser Webseiten  "La mafia tauromaniaque" von Alain Perret, Edition Les Ecrits Sauvages, Paris, 1993
als Quelle an; Abbildungen des Umschlags dieser Publikation findet man im WWW:

  
Quelle der Grafiken: http://www.exclus-sauvages.org/mafiatauro.htm

Auch in der Maturaarbeit von Frau Ebenauer, die auf unseren Webseiten zum Herunterladen verfügbar ist, findet man eine ähnliche Passage:

"Es beginnt mit dem tagelangen Transport der Stiere zur Arena. In engen Behältern werden sie auf Lastwagen in brennender Sonnenglut herangebracht. Manche verlieren bis zu 30 Kilo Gewicht und sind so geschwächt, dass sie zusammenbrechen, sobald man sie mit Eisengabeln aus den Stehkisten heraustreibt. Dann werden sie in eine Kopfhalterung eingespannt, um die Hörner abzusägen, und in der Folge werden diese in eine natürlich aussehende Spitzform zugefeilt. Dies hat zwei Gründe: Erstens, um das Tier durch den langanhaltenden, unerträglichen Schmerz zu schwächen – im Inneren der Hörner liegen so empfindliche Nerven, wie in einem Zahn – und zweitens verliert der Stier durch die Kürzung den Sinn für die Entfernung und stößt daher immer ins Leere. Gleichzeitig werden die Hörner auch an mehreren Stellen bis zum Nerv angebohrt und in die Löcher Holzsplitter eingepflanzt, so dass jegliches Verteidigungsmanöver für den Stier zur Höllenqual wird. Damit er seinen Schmerz nicht herausbrüllen kann, wird ihm in manchen Kampfstätten das Stimmband durchtrennt. Drogen und Beruhigungsmittel werden den Tieren schon vor dem Transport im Trinkwasser verabreicht, um ihr natürliches Verhalten zu ändern und zu destabilisieren. Meistens ist auch das Hintergestell eines Kampfstieres verschmutzt oder blutig, als eine Folge von starken Durchfallmitteln. Mit spanischen Pfefferzäpfchen werden die Gedärme der Tiere zum Bluten gebracht. Die Nacht vor dem grauenhaften Spektakel, werden die Stiere entweder in engen Kisten auf den Rücken gestellt, oder man stößt ihnen lange Nägel durch das Geschlechtsteil, um sie am Hinlegen zu hindern und um sie außerdem durch diese unglaubliche Folter während der langen Nacht weiter zu schwächen. Während des Vormittags wird mit schweren Sandsäcken auf die Nacken der Stiere eingeschlagen, um sie aus dem Gleichgewicht zu bringen und um jede Kopfbewegung – die eventuell den Torero überraschen könnte – äußerst schmerzhaft zu machen. Trotz der sengenden Hitze wird den Tieren nun kein Wasser mehr verabreicht. Ihre Augen werden dick mit Vaseline beschmiert, so dass sie den Torero kaum ausmachen können, und die Nasenlöcher werden so mit Watte vollgestopft, dass diese bis in die Kehle hinunterhängt, um das Atmen zu erschweren. Dann werden die Beine mit Terpentin eingerieben, damit Schmerz, Brennen und Jucken die Stiere unruhig machen und so glauben die Zuschauer, dass sie angriffslustig und gefährlich sind, wenn sie durch den brennenden Schmerz wie besessen herumgaloppieren, sobald man sie aus der Dunkelheit der Käfige in die gleißende Sonne der Arena stößt. Der Galopp des Stieres in die Arena ist somit nicht der Ausdruck von „Wut“ oder „Wildheit“, vielmehr handelt sich um eine Panikreaktion des Tieres, das verzweifelt den Weg in die Freiheit sucht!"

Im Anhang zur Arbeit befinden sich zahlreiche Quellenangaben, doch sind diese nicht einzelnen Passagen im Text zugeordnet. Man findet unter den Quellen erklärte Stierkampfgegner und Tierschutzvereine.

Die Ählichkeiten in den Passagen aus den drei verschiedenen Veröffentlichungen sind für mich ein starker Hinweis darauf, dass ihre ursprüngliche Quelle die oben aufgeführte Publikation
"La mafia tauromaniaque" von Alain Perret ist; dasselbe vermute ich für alle weiteren, ähnlich gearteten Texte auf Anti-Stierkampfwebseiten. Perret selbst bezeichnet seine Publikation als Pamphlet3, was für mich Anlass ist, zu hinterfragen, welche Teile des Pamphlets welchen Wahrheitsgehalt haben: In einem Pamphlet ist es erlaubt zu überspitzen, zu übertreiben, zu karikieren, Ironie, Sarkasmus und Zynismus bis an den Rand der Unwahrheit und darüber hinaus zu treiben, um im verbalen Angriff einen Sieg über einen Gegner davonzutragen. Der Gegner wird nicht überzeugt oder durch sachliche Argumentation bloßgestellt, er wird mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln "fertiggemacht". An welchen Stellen stellt Perret Dinge und Sachverhalte so dar, wie sie tatsächlich waren, an welchen Stellen tut er dies nicht? Woher hat Perret seine Informationen? Enthält die Publikation Quellen? Wie wird der Wahrheitsgehalt der Aussagen nachgewiesen?

Bedauerlicherweise reicht mein Französisch nicht aus, mir ein eigenes Bild zu machen und den Text zu analysieren, auch wenn ich das Pamphlet im Original besäße: Wer mir hier weiterhelfen kann, sei meines allerherzlichsten Dankes gewiss!

In keinem Fall jedoch kann ein Pamphlet die Grundlage für eine sachliche Auseinandersetzung um den Spanischen Stierkampf oder um irgendeine andere Angelegenheit sein.

Die Beurteilung des Inhaltes all dieser Passagen ist schwierig: Nie habe ich während der letzen 20 Jahre, in denen ich mir Stierkämpfe anschaute und mich mit deren Hintergründen beschäftigte, die beschriebenen
Dinge oder auch nur Hinweise darauf selbst erlebt oder beobachetet, weder in Spanien oder Frankreich noch in Amerika; nie habe ich irgendjemanden der Einheimischen - unter meinen spanischen Freunden und Bekannten gibt es keinen einzigen erklärten Stierkampfliebhaber, sondern fast ausschließlich Neutrale und einige moderate Gegner - über solche Dinge sprechen gehört, ich habe in Zeitungen nichts darüber gelesen und nichts darüber im Fernsehen gesehen.

Nun kann meine Wahrnehmung weder ein Argument für noch gegen einen Sachverhalt sein und es ist wahrscheinlich allen klar, dass nicht auszuschließen ist, dass die beschriebenen Dinge tatsächlich passiert sind und vielleicht immer noch passieren. Sollte dies Fall sein, so muss die Ausführung dieser Praktiken schnellstmöglich unterbunden und in der Zukunft verhindert werden. Die beschriebenen Dinge stellen einen grauenhaften Mißbrauch der Tiere dar und sind in keiner Weise mit den Grundgedanken des Spanischen Stierkampfes und mit seiner Eigenschaft als Festlichkeit vereinbar. In dieser Hinsicht, dass einem vor Augen geführt wird, welch schändlicher Mißbrauch möglicherweise und tatsächlich mit den Stieren betrieben wird, dienen die zititerten Texte einem guten Zweck.

Was die zitierten Texte und der Zusammenhang, in dem sie erscheinen, jedoch in höchstem Maße kritikwürdig - ich halte es schon für beinahe niederträchtig - macht, ist ihre Attitüde: Sie geben vor, dass die beschriebenen Praktiken gängige Praxis seien und originäre Teile und Vorgehensweisen beim Spanischen Stierkampf sind, doch dem ist nicht so:


Was dort beschrieben ist, ist ILLEGAL!
Diese Praktiken sind NICHT Teil des Spanischen Stierkampfes!


Deshalb kann der Inhalt dieser Texte nicht als Argumentationsbasis gegen den Spanischen Stierkampf dienen. Was dort beschrieben wurde, legt lediglich offen, in welchem Maße und auf welche entsetzliche Weise möglicherweise die Gesetze gebrochen und Tiere mißbraucht wurden. Will man gegen den Stierkampf argumentieren, muss man Eigenschaften, Praktiken, Verhaltens- und Denkweisen und Strukturen, die für den Stierkampf selbst typisch sind, zur Kritik heranziehen, Lebenseinstellungen sowie moralische und ethische Überzeugungen hinterfragen, seine eigenen sachlich darlegen und sauber begründen. Wer dies nicht tut, setzt sich dem Vorwurf aus, einen Gegner nicht überzeugen, sondern ihn durch Beeinflussung und Steuerung seines Denkens, Fühlens und Verhaltens, ohne dass der Betroffene sich dessen bewusst wird, zu einer Meinung oder Handlung bringen
zu wollen: Das ist Manipulation. Ich mache diesen Vorwurf all denen, die, auf Basis von Texten, wie den oben zitierten, versuchen andere gegen den Stierkampf einzunehmen oder zu mobiliseren.

Ein wesentlicher Aspekt des Tierschutzes im Zusammenhang mit dem Spanischen Stierkampf ist neben der Einhaltung und Durchsetzung der für den Umgang mit Tieren im allgemeinen geltenden Gesetze die unbedingte Einhaltung der Regeln, die für den Stierkampf existieren, eine scharfe und unnachgiebige Kontrolle der Einhaltung der Regeln, Ahndung bei Nichteinhaltung und härteste Strafen, wenn ein Regelbruch zu dem oben beschriebenen Umgang mit den Tieren führen sollte.

Gemäß der Regeln für den Spanischen Stierkampf - die Regeln haben Gesetzescharakter und wurden herausgegeben vom spanischen Ministerium für Justiz und innere Angelegenheiten (Reglamento Taurino Nacional, Real Decreto 2-2-1996, núm. 145/1996) und der Regierung der autonomen Region Andalusien (Reglamento Taurino de Andalucia, Decreto 68/2006, 21 Marzo) - ist jede Manipulation oder Vorbereitung des Stiers vor dem Kampf untersagt. Er hat sich vor dem Kampf eine zeitlang (üblicherweise 24 Stunden) in den Ställen der jeweiligen Arena zu befinden und wird dort versorgt und überwacht. Die Öffentlichkeit hat das Recht, sich die Tiere, wenn sie nachmittags vor dem Kampf voneinander getrennt werden, anzusehen. Die Ställe sind häufig offen einsehbar und jeder kann die Tiere gemeinsam in den Ställen betrachten. Diese Möglichkeit wird von vielen Leuten genutzt u.a. von Journalisten, die teilweise durch ihre Berichterstattung eine Kontrollfunktion ausüben. Die Stiere werden vor dem Kampf von einem Veterinär zum Kampf freigegeben. Im allgemeinen werden die Regeln eingehalten und überwacht von eigens dafür eingesetzen Personen. Die Überwachung der Regeln geht darüberhinaus in starkem Maße von den Zuschauern bei einer Corrida aus.

Viele Dinge, die in den oben zitierten Texten beschrieben werden, führen zu einer Konsequenz, die im Widerspruch steht zu einer grundlegenden Tendenz, die bei der Mehrheit der Menschen in vielen Ländern und vor allem in den Industrienationen vorliegt: Der Einzelne und auch ein Unternehmen - und sei es noch so klein - will Geld verdienen; dazu bedarf es des beruflichen Erfolgs. Umso mehr, wenn das Unternehmen klein oder der
Einzelne selbständig ist und sich gegen Konkurrenten behaupten muss.

Ein Matador will und muss Erfolg haben.
Im allgemeinen will und muß er den Kampf gegen einen Stier so ausführen, dass das Publikum ihn selbst und seine Art zu kämpfen akzeptiert und wertschätzt; er will brillieren. Gelingt ihm das, steigt sein Marktwert, weil ein Betreiber mit einem vom Publikum begehrten Matador seine Plaza füllen und Profit machen kann. Ist der Matador ausreichend begehrt und wird er von den Betreibern der Stierkampfarenen weiter vetraglich verpflichtet, kann er seinerseits weiterhin Geld verdienen. Dies geht im allgemeinen nicht mit verletzten oder manipulierten Stieren, denn es besteht die Gefahr, dass der Matador mit den Tieren aufgrund ihres Verhaltens nicht so agieren kann, dass das Publikum zufriedengestellt ist und ihn als Torero akzeptiert: Mit ihnen kann er nicht brillieren.

Ein Stierzüchter will seine Stiere verkaufen. Seine Stiere sind dann begehrt, wenn das Publikum die Eigenheiten seiner Tiere wertschätzt, allem voran die Fähigkeit, in einem Kampf so zu agieren und zu reagieren
, dass der Matador erfolgreich sein kann, und es dem Matador darüberhinaus mit den Stieren des Züchters gelingt gemäß der Regeln des Stierkampfes einen guten Kampf zu liefern. Kann ein Matador mit den Stieren eines Züchters brillieren, steigt der Marktwert der Stiere. Das geht im allgemeinen alles nicht mit verletzten oder manipulierten Stieren.

Darüberhinaus werden
verletzte oder manipulierte Stiere vom Publikum nicht akzeptiert. Eine große Anzahl der Zuschauer fordert - teilweise vehement - die körperliche und psychische Integrität der Stiere vor dem Kampf. Das Einkaufen von Stieren, die einen sehenswerten Kampf liefern können, deren Eigenheiten bekannt sind und deren Charakter einschätzbar ist, mit denen Matadore brillieren können, können die Besucherzahlen einer Plaza de Toros meßbar beeinflussen, z.B. in Málaga.

Zu einer Reihe der in den zitierten Texten gemachten Aussagen - im wesentlichen zu denen, die bei Frau Ebenauer aufgeführt werden -, deren Wahrheitsgehalt ich zum Teil für sehr niedrig halte, was ich jedoch nicht nachweisen kann, mache ich die folgenden, teilweise kritischen Anmerkungen und stelle die folgenden Fragen:

  • Heraustreiben mit Eisengabeln aus den Stehkisten: Die Kisten sind in der Tat sehr eng. Den Einsatz von Eisengabeln habe ich noch nie beobachtet, jedoch die Verwendung langer Holzstangen, um die Stiere zum verlassen der Transportkisten zu veranlassen.
          Kann mir irgendjemand den Einsatz von Eisengabeln bestätigen und mir Details berichten?
        Wenn ja, bitte ich um Kontaktaufnahme mit mir.
  • Das Einspannen in eine Kopfhalterung zur Manipulation der Hörner kenne ich nicht, noch nie habe ich davon gehört oder gelesen. Der Vorgang der Hornmanipulation, dessen Durchführung nachweisbar ist, ist wahrscheinlich - es sei denn für Insider - nicht beobachtbar, da die Hornveränderung beim Kampf von Stier und Matador illegal ist. Das dabei durchgeführte Absägen und Spitzfeilen der Hörner - das sogenannte "Rasieren" (afeitado) - wird von der überwiegenden Mehrheit der Stierkampfliebhaber kategorisch abgelehnt, auch von mir. Bekannt ist mir, dass die Hörner des Stieres mit Seilen festgebunden werden, so wie auf der Fotografie, die man unter http://www.anti-corrida.de/stierkampf.htm im www finden kann:


Ein geübtes Auge erkennt manipulierte Hörner schnell, was bei Stierkämpfen in Frankreich gelegentlich dazu führt, dass eine volle Plaza beim ersten Anblick eines "rasierten" Stieres aus Protest laut zu Pfeifen beginnt und den darauffolgenden Kampf eines Matadors mit dem Stier zwanzig Minuten lang mit absolutem Schweigen und der Verweigerung jeglichen Beifalls oder anderer Äußerungen quittiert.

Den Stier durch Schmerzen in den Hörnern schwächen zu wollen - der Stier hat definitiv Schmerzen, wenn ihm die Hörner ruiniert wurden, und auch das passiert; es wurde durch Fotos in der spanischsprachigen Stierkampfzeitschrift 6toros6
dokumentiert - ist für mich nicht nachvollziehbar. Zunächst ist das Erzeugen von Schmerzen nie der eigentliche Effekt, der beim Stierkampf erzielt werden soll, obwohl der Stier zweifellos Schmerzen hat, wenn ihm die für den Stierkampf typischen Verletzungen zugefügt werden, wenn er durch Bewegungen ermüdet ist und schließlich mit einem Degen erstochen wird; die Schmerzen sind lediglich ein Sekundäreffekt, der eintritt durch die Art und Weise, durch die man den Stier in einen Zustand bringt, so dass er von einem Menschen zu Fuß mit einer Stichwaffe getötet werden kann. Deshalb werden die Schmerzen und der Zeitraum, in dem der Stier sie erleiden muss, bewusst eingegrenzt. (Wahrscheinlich werden sich jetzt viele, die dem Stierkampf nicht zugetan sind, durch die sehr sachliche und technisch klingende Tonart, mit der ich über das geplante und ritualisierte Töten eines Lebewesens durch einen Menschen spreche, stark abgestoßen und schockiert fühlen: Ich werde später auf das Thema des Tötens noch weiter eingehen.) Weiterhin müssen die Hörner einige Zeit vor dem Kampf manipuliert werden, und so lange hat der Stier Schmerzen, so dass er für einen guten Kampf nicht mehr eingesetzt werden kann.

Seit Jahrzehnten gibt es Diskussionen darüber, ob manipulierte Hörner für den Matador vorteilhaft sind oder nicht. Der Stier verliert definitiv seine Feinorientierung beim Einsatz seiner Hörner. Um diesen Punkt geht es eigentlich: Fehlt ihm die Feinorientierung, so sei es für ihn umso schwieriger, den Menschen mit den Hörnern zu treffen, so sagen einige. Wahrscheinlich stimmt das in vielen
Fällen, doch jeder Stier hat seine spezifischen Eigenarten und entwickelt sich während des Kampfes gemäß seines Charakters und
gemäß der Erfahrungen, die er in den zwanzig Minuten des Kampfes macht. Also kann die Annahme in vielen Fällen falsch sein. Und niemand kann a priori sagen, welcher Fall eintritt.

Fügt ein Stier mit "rasierten" Hörnern einem Torero eine Hornverletzung zu, sind die Verwundungen sehr viel stärker als bei natürlich geformten Hörnen, denn sie sind weniger spitz, erreichen von der Spitze her viel eher einen großen Durchmesser und neigen zum Splittern, was zu besonders gefürchteten Wunden führt. Das ist eines der technischen Hauptargumente gegen das "Rasieren" in den Diskussionen.

Dass der Stier immer ins Leere stößt, wenn er manipulierte Hörner hat - was dann
, so wie ich die Aussage bei Frau Ebenauer interpretiere, als Vorteil angesehen wird -, ist ein Argument, das nur sehr schwer nachzuvollziehen ist: Der Stier soll nie, nie, nie mit den Hörnern auf den Menschen stoßen und er soll auch auf keinen Fall ins Leere stoßen! Die gesamte Arbeit des Matadors ist darauf ausgerichtet, den Stier dazu zu bringen, den Bewegungen des Tuches zu folgen: Der Stier soll mit den Hörnern ins Tuch laufen. Gelingt dem Matador dies bei einem Stier nicht, kann er mit diesem Stier nicht erfolgreich sein. Ein Stier, der zum Stoßen mit den Hörnern neigt - dabei ist es gleichgültig, ob er versucht, den Menschen zu treffen oder irgendetwas anderes -, gilt als schwierig und als für den Kampf ungeeignet, was schlecht für die Reputation und das Geschäft des Züchters ist. Für das Ziel, das ein Matador durch seine Arbeit beim Stier erreichen will, ist es unerheblich, ob die Hörner des Stieres manipuliert wurden oder nicht. Auch für den Fall, dass es dem Matador nicht gelingt, den Stier so weit zu bringen, dass er immer dem Tuch folgt, und der Stier mit den Hörnern nach dem Körper des Menschen stößt, spielen die Manipulation der Hörner und die Feinorientierung des Stieres keine Rolle: In diesen Situationen befindet sich der Stier in unmittelbarer Nähe des Tuches und des Körpers des Matadors, wobei sich sowohl das Tuch als auch der menschliche Körper in periphären Sichtbereichen des Stieres befinden und sich der Stier im Unklaren über die genauen Entfernungen von Tuch und Körper ist, sich das Tuch im Gegensatz zum menschlichen Körper jedoch bewegt und diese Bewegung die Reaktion des Stieres provoziert, sich auf das Tuch zuzubewegen. Die Gefahr für den Menschen geht dadurch aus, dass ein Stier, der sich nicht vollständig durch das Tuch und seine Bewegungen täuschen lässt und neben dem Tuch auch den menschlichen Körper als mögliches Ziel in Betracht zieht, sich für dieses Ziel dann entscheiden könnte, wenn er sich schon in einer anfänglichen Bewegung auf das Tuch hin befindet, er das Tuch als Ziel durch den menschlichen Körper ersetzt und aus der schon exitierenden Bewegung heraus dieses neue Ziel mit den Hörnern zu erreichen versucht. Dies tut der Stier durch ein ruckartige - im wesentlichen seitwärtige - Bewegung des Kopfes in Richtung auf den menschlichen Körper, wobei sich der Matador teilweise immer noch im periphären Sichtbereich befindet, zu einem anderen Teil jedoch auch schon in jener Zone direkt vor den Augen des Stieres, in der der Stier optisch überhaupt nichts wahrnehmen kann. Ob der Stier den Matador bei dieser Bewegung mit den Hörnern erreicht oder nicht, kann also nicht auf einer kontrollierten Aktion seitens des Tieres beruhen, für die eine Feinorientierung oder intakte bzw. manipulierte Hörner von Wichtigkeit sind, sondern unterliegt im wesentlichen einem zufälligen Zusammenspiel von Aktionen und Reaktionen bei Stier und Matador.
  • Durchtrennen der Stimmbänder: Man hört die Stiere häufig brüllen, wenn sie sich in der Arena befinden.
Kann mir irgendjemand das Durchtrennen der Stimmbänder bestätigen und mir Details berichten? Wenn ja, bitte ich um Kontaktaufnahme mit mir.
  • Einsatz von Durchfallmitteln und Pfefferzäpfchen: Was sind Pfefferzäpfchen?
Kann mir irgendjemand den Einsatz solcher Mittel bestätigen und mir Details berichten? Wenn ja, bitte ich um Kontaktaufnahme mit mir.
  • Die Stiere werden in der Nacht vor dem Kampf in Kisten auf den Rücken gestellt: Damit macht man den Stier körperlich kaputt; er kann nicht mehr für den Kampf eingesetzt werden. Das führte zu einem finanziellen Verlust, entweder für den Züchter oder den Veranstalter der Corrida. Im allgemeinen befinden sich die Stiere in der Nacht vor dem Kampf in den Ställen der jeweiligen Plaza de Toros.
Kann mir irgendjemand bestätigen, dass die Kisten mit den Tieren darin umgedreht werden, und mir Details berichten? Wenn ja, bitte ich um Kontaktaufnahme mit mir.
  • Nägel durch das Geschlechtsteil: Hier habe ich beim lesen sofort an die Hoden des Stieres gedacht, nicht jedoch an seinen Penis, der beim Spanischen Stierkampf keine Rolle spielt, die Hoden jedoch schon. Die Hoden des Stiers sind offen sichtbar, Verletzungen der Hoden könnten sofort erkannt werden, wenn der Stier die Arena betritt; es würde sofort zum Skandal kommen, der Stier könnte ausgetauscht werden, was zu einem finanziellen Verlust entweder für den Züchter oder den Veranstalter der Corrida führte.
In diesem Zusammenhang existiert ein ethisches Argument gegen eine solche Praxis, die auf der Wertschätzung der Hoden als Symbol für Stärke, Mut und Tapferkeit beruht. Sowohl die Stiere als auch die Toreros zeigen ihre Hoden während des Kampfes in aller Offenheit. Bei beiden sollen die Hoden vor, während und nach dem Kampf intakt sein. Zerstörte Hoden beim Stier wären ein Symbol für fehlende Tapferkeit - hier ist die Tapferkeit im Sinne des Spanischen Stierkampfes gemeint - beim Stier, ohne die das erhoffte und erwünschte Zusammenspiel zwischen Toreros und Tier nicht erreicht werden kann. Die Hoden eines getöteten Stieres sind begehrt und werden häufig direkt nach dem Tod des Stieres zu hohen Preisen noch in der Schlachterei der Plaza unter der Hand verkauft. Mit zerstörten Hoden ist ein solches Geschäft nicht zu machen.
Kann mir irgendjemand bestätigen, dass den Tieren Nägel durch Teile ihrer Geschlechtsteile gestochen werden, und mir Details berichten? Wenn ja, bitte ich um Kontaktaufnahme mit mir.
  • Schläge auf den Nacken während des Vormittags: Die Tiere bewegen ihre Köpfe während des Kampfes häufig ruckartig und oft treffen sie auch die Menschen; am Vormittag sind die Tiere in den Ställen und können von jedermann betrachtet werden.
Kann mir irgendjemand bestätigen, dass die Tiere geschlagen werden, und mir Details berichten? Wenn ja, bitte ich um Kontaktaufnahme mit mir.
  • Vaseline in den Augen: Verschmierte Augen könnten sofort erkannt werden, wenn der Stier die Arena betritt; es würde sofort zum Skandal kommen, der Stier könnte ausgetauscht werden, was zu einem finanziellen Verlust entweder für den Züchter oder den Veranstalter der Corrida führte.
Schlecht sehende Stiere gelten als besonders schwierig und potentiell gefährlich, da sie auf optische Reize, die von unterschiedlichen Seiten auf sie einwirken, sehr unterschiedlich reagieren.
Kann mir irgendjemand eine Behinderung der optischen Wahrnehmung der Stiere bestätigen und mir Details berichten? Wenn ja, bitte ich um Kontaktaufnahme mit mir.
  • Watte in den Nasenlöchern: Diese Praxis führte zu schlechten Aktionen und Reaktionen des jeweiligen Tieres, der Stier würde als ungeeignet gelten, was den Ruf und das Geschäft des Züchters schädigte. Es bestünde die Gefahr, dass der Stier ausgetauscht werden könnte, was zu einem finanziellen Verlust entweder für den Züchter oder den Veranstalter der Corrida führte.
Kann mir irgendjemand das Verstopfen der Nasenlöcher der Stiere bestätigen und mir Details berichten? Wenn ja, bitte ich um Kontaktaufnahme mit mir.
  • Einreiben der Beine mit Terpentin: Führt Terpentin zu Juckreiz?
Einige Stiere sind vor Betreten der Arena ganz ruhig. Wenn sie sie dann betreten haben, beginnen sie plötzlich wild zu laufen. Manche laufen sehr lange, andere nicht. Wieder andere laufen gar nicht, sondern gehen und müssen sehr lange gereizt werden, bevor sie aktiv werden.
Kann mir irgendjemand bestätigen, das bei den Stieren Juckreiz erzeugt wird, und mir Details berichten? Wenn ja, bitte ich um Kontaktaufnahme mit mir.

Die in den zitierten Texten gemachten Aussagen und deren Wahrheitsgehalt muss man beurteilen auf der Basis, ob eine Praxis ein finanzielles Risiko für einen Matador, den Stierzüchter oder den Veranstalter einer Corrida de Toros birgt. In diesem Zusammenhang sei hier, ohne auf die Regelungen zur ante mortem- und post mortem-Untersuchung der Stiere und deren Freigabe zum Kampf durch Veterinäre einzugehen, der Inhalt von Artikel 84, Satz 1 der spanischen Stierkampfregeln wiedergegeben, der sehr deutlich macht, wann ein finanzielles Risiko gegeben ist:

"Der Präsident (des jeweiligen Stierkampfes, Anm. Krumbein) kann die Rücksendung eines jeden Stieres, der in die Arena kommt, in die Ställe anordnen, wenn dieser sich offenkundig als für den Kampf unbrauchbar erweist, weil er offensichtliche Defekte aufweist oder er sich in einer Weise verhält, so dass der normale Ablauf des Kampfes behindert wird. In solchen Fällen wird, sofern dies nötig sein sollte, der Zivilgouverneur die Aufnahme eines Diziplinarverfahrens gegen die Verantwortlichen vorschlagen."

In Satz 5 desselben Artikels ist festgelegt, dass der Stier in einem solchen Falle in Anwesenheit eines Vertreters des
Zivilgouverneurs getötet wird. So schwamming und weit auslegbar dieser Artikel auch sein mag, versucht er Manipulationen der Stiere entgegenzuwirken und dabei, wenn auch nur implizit, das Publikum miteinzubeziehen, dass bei Erkennen von Defekten beim Tier und bei Auffälligkeiten in seinem Verhalten auf den Präsidenten einwirken kann und dies - teilweise sehr heftig - tut.   

Wie überall werden die Regeln auch gebrochen und missachtet. In welcher Form, wie häufig und wo, ist sehr schwer zu sagen. 
Im allgemeinen werden in den Arenen großer Städte die Regeln sehr streng beachtet und kontrolliert, in kleinen weniger stark.

Will man die Stiere, die beim Spanischen Stierkampf getötet werden,
und auch die beim Kampf eingesetzten Pferde vor tierquälerischen Handlungen so weit wie möglich schützen, gibt es zwei Wege, die man beschreiten kann und die diskutiert werden müssen:

1.) Man fordert vehement eine bedingungslose Einhaltung und Kontrolle der Regeln und arbeitet für die Durchsetzung dieser Forderung. Dafür setze ich mich ein, zusammen mit vielen anderen Stierkampfliebhabern in vielen Ländern Europas. Tut man dies, hat man gute Chancen, dass das Ausführen tierquälerischer Praktiken, vor dem Kampf nicht vorkommen kann.

2.) Man fordert ein generelles Verbot von Stierkämpfen. Dies ist der Weg, der von vielen Tierschützern und von Stierkampfgegnern beschritten wird.

Doch dieser zweite Weg führt, wenn man über diese Forderung eine ehrliche Diskussion führt, in ein argumentatives Dilemma, denn die Konsequenzen einer solchen Diskussion werden von der überwiegenden Mehrheit der Menschen mit größter Wahrscheinlichkeit nicht akzeptiert werden, und ich bin überzeugt, dass viele Tierschützer dieses Problem sehr wohl sehen:

Man muss in einer breiten öffentlichen Diskussion die Frage beantworten und gesetzlich neu festschreiben,
wer, wann, wozu, auf welche Art und Weise, welche Tiere oder Tiere überhaupt mit welcher Rechtfertigung
töten darf.

In einer solchen Diskussion müssen z.B. die folgenden Fragen beantwortet werden:

1.) Darf man ein Tier töten? Darf der Mensch Tiere töten, und darf ein Mensch ein Tier töten? Wenn nicht, warum nicht? Wenn doch, warum?

2.) Welche Tiere darf man töten? Im Prinzip alle oder nur ausgesuchte? Wenn nicht alle, wodurch zeichnen sich diese Tiere aus, die nicht getötet werden dürfen, und jene, die getötet werden dürfen? Auf Basis welcher Kriterien ist diese Unterscheidung durchführbar? Sind diese Kriterien vollkommen konsequent anwendbar? Welche individuellen und welche kollektiven Kriterien müssten existieren? Wie könnte man solche Kriterien in der Gesellschaft verankern und deren Anwendung und Einhaltung sicherstellen?

3.) Dürfen Tiere gezüchtet, zum Leben gebracht und aufgezogen werden, um sie irgendwann zu töten? Dürfen Tiere vom Menschen produziert werden? Wenn nicht, warum nicht? Wenn doch, warum?

4.) Darf oder sollte sich der Mensch vom Fleisch getöteter Tiere ernähren? Sollte er auf den Genuss des Fleisches getöteter Tiere aus moralischen Beweggründen bewusst verzichten? Wenn er darauf verzichten sollte: Wie wird dieser moralisch motivierte Verzicht begründet? Wenn er sich vom
Fleisch getöteter Tiere ernähren darf: Wodurch ist das gerechtfertigt?

5.) Darf der Mensch Tiere zu anderen Zwecken als zur eigenen Ernährung töten? Wenn nicht, warum nicht? Wenn doch, warum? Wie ist in diesem Zusammenhang die Gewinnung und Nutzung von Leder und anderen tierischen Produkten, die Produktion von Tierfutter für Nutz- und Haustiere durch das Töten anderer Tiere und der Einsatz von Tieren in Tierversuchen einzuordnen und moralisch zu bewerten? Kann man auf die Produktion von Leder und auf Tierversuche in Wissenschaft und Forschung komplett verzichten? Welche Differenzierungen sind hier nötig oder möglich? Welche Alternativen stehen oder stünden zur Verfügung oder wären denkbar? Wie wären die Alternativen durchsetzbar und finanzierbar, und wer finanziert sie? Wie kann die gesellschaftliche Akzeptanz sichergestellt werden?

6.) Welche Tiere dürfen getötet werden, damit sich der Mensch vom ihrem Fleisch ernährt und er andere Teile der Tiere zu anderen Zwecken verwertet? Nutzvieh wie die Kühe, Schweine und Hühner eines Landwirtes oder eines Agrarbetriebes oder die Fische einer Fischzucht, freie Wildtiere wie Rehe, Wildschweine, Hasen, Kaninchen und Wildgeflügel, gezüchtete Wildtiere wie Kampfstiere oder Fische aus Aquakulturen?

7.) Auf welche Weisen dürfen Tiere getötet werden? Welche Kriterien existieren für das Töten von Tieren, sind sie ausreichend und wie müssen oder müssten sie modifiziert werden? Welche Unterschiede in den Kriterien exisitieren für welche Tierarten? Gibt es eine Definition des "artgerechten" Tötens? Wie sollte
"artgerechtes" Töten definiert werden? Auf welcher Grundlage könnte eine solche Festlegung erfolgen? Welche Unterschiede müssen hierbei  beim Töten verschiedener Kategorien von Tieren beachtet werden?
Wie tötet man ein Haustier, z.B. einen Hund, eine Katze oder einen Hamster "artgerecht"? Wie tötet man Nutztiere und Wildtiere "artgerecht"?

8.) Wer tötet welche Tiere und wer darf welche Tiere töten? Welche Tiere tötet der Einzelne bei sich zu Hause, welche Tiere tötet ein Schlachter - die Vorgänger der Matadore waren Schlachter, die Praxis des Stieretötens beim Spanischen Stierkampf hat seine Wurzeln im Schlachthof von Sevilla -, welche Tiere töten Wissenschaftler, Ärzte, Tierärzte usw.? Wer tötet Tiere aufgrund seines Berufes, wer tut es aus anderen Gründen? Wer tötet Tiere häufig, wer selten, wer nie? Wer denkt über das Töten von Tieren nach, wer nicht? Wer denkt über die Gründe und Begründungen des Tieretötens nach, wer nicht? Wie ist der status quo? Was könnte oder sollte zu welchem Zweck verändert werden?

9.) Wer wohnt dem Töten von Tieren in welchen Situationen bei? Wer hat in welcher Situation das Recht dazu, für wen ist es in welcher Situation verboten? Sollte oder müsste jeder das Recht dazu haben? Sollten dieses Recht nur Fachleute haben? Sollte oder müsste jeder die Pflicht haben, dem Töten von Tieren beizuwohnen? In welchen Situationen oder unter welchen Umständen sollte dies verpflichtend sein?

10.) Wie ist das Töten von Tieren unter welchen Rahmenbedingungen moralisch, ethisch und gesellschaftlich auf Basis welcher Grundlage einzuordnen und zu bewerten? Wie müssen dabei Aspekte des jeweiligen kulturellen und wirtschaftlichen Umfeldes z.B. die geographische Lage (Europa-Afrika-Asien), Klimabedingungen, die Fruchtbarkeit eines Landes, die Religion, die Mentalität und die Bräuche eines Volkes oder einer Bevölkerung oder die Beziehungen eines Landes zu anderen Ländern berücksichtigt werden? Wie ist in diesem Zusammenhang der Begriff "Zivilisation" einzuordnen und zu bewerten?

11.) Dürfen oder müssen Änderungen an momentan bestehenden Sachverhalten zum Töten von Tieren durch Überzeugungsarbeit bewirkt werden? Dürfen oder müssen solche Änderungen durch Zwang bewirkt werden?
Dürfen oder müssen solche Änderungen durch Manipulation bewirkt werden?

12.) Auf welchen gesellschaftlichen Ebenen und unter Mitwirkung welcher Instanzen soll oder muss eine solche Diskussion geführt werden? Wie werden die Konsequenzen, die aus einer solchen Diskussion resultieren könnten, gesellschaftlich umgesetzt?

An dieser Stelle muss auf einen wichtigen Sachverhalt hingewiesen werden, den viele Leute, die über den Stierkampf reden, vor allem Leute aus dem Bereich des Tierschutzes, nicht sehen oder wissen oder nicht verstanden haben - ich erinnere an das oben angeführte Zitat des
Präsidenten des Deutschen Tierschutzbundes Wolfgang Apel - und der den Spanischen Stierkampf fundamental unterscheidet von Veranstaltungen wie Hahnen-, Hunde- oder Bärenkämpfen o.ä., bei denen Tiere aufeinander angesetzt werden, die sich gegenseitig verletzen oder töten sollen, bei denen ein Tier einen Sieg über ein anderes Tier erringen soll und häufig der einzelne Zuschauer durch Wetteinsätze finanziell involviert ist in das Schicksal des siegenden und des unterliegenden Tieres, wobei das Mitfühlen mit dem Leid, das die Tiere erdulden müssen, entweder verdrängt wird oder sich einzelne am Leid der Tiere erfreuen. All dies ist beim Spanischen Stierkampf nicht der Fall, die Zuschauer beim Stierkampf sind sich des Leides des Stieres sehr wohl bewußt, auch "ergötzen" sie sich in keiner Weise am Tierleid. Sich des Tierleides bewußt zu sein und auf einen möglichst schnellen Tod - innerhalb der Regeln des Stierkampfes, die definitiv ein Leiden der Tiere zur Folge, aber nie das Leiden der Tiere zum Selbstzweck haben - zu hoffen, gehört mit zum konzeptionellen Fundament des Spanischen Stierkampfes: Der Spanische Stierkampf ist im wesentlichen eine Viehschlachtung. Es geht beim Stierkampf nie um Sieg oder Niederlage. Der Stier soll sterben, von Anfang an läuft alles darauf hinaus. Die gesamte Prozedur ist so angelegt, dass ein Mensch zu Fuß einen Stier mit einem Degen erstechen kann. Der Stier soll sterben zum Wohle der Gemeinschaft, die das Tier, nachdem es gestorben ist, verzehrt und in anderer Weise verwertet - das ist nicht nur metaphorisch, sondern tatsächlich so. Derjenige Mensch, der das Tier auf altertümliche - eben archaische - Art und Weise tötet, ist Teil dieser Gemeinschaft, er ist derjenige, der im Auftrage der Gemeinschaft den Stier für sie tötet. Der Schlachtung dieses Tieres wohnt im Rahmen eines Festes die Öffentlichkeit bei: Man befindet sich bei einem Schlachtfest!

Das argumentative Dilemma für diejenigen, die den Stierkampf verbieten wollen, besteht darin, dass einerseits das Töten eines Tieres zum Wohle des Menschen - nämlich beim Stierkampf - verhindert werden soll, andererseits das Töten von Tieren zum Wohle des Menschen - nämlich bei der Schlachtung von Nutztieren aus der Landwirtschaft - allgemein, auch von Tierschützern, akzeptiert wird, wobei in beiden Fällen der Tod des Tieres kein Selbstzweck ist, sondern damit Grundbedürfnisse des Menschen befriedigt werden.

Die eigentlichen Unterschiede zwischen den beiden Arten, den Tod der Tiere herbeizuführen, liegen in den folgenden Aspekten:

1.) Beim Stierkampf ist die Öffentlichkeit beim Töten der Tiere anwesend, bei der Schlachtung von Nutztieren aus der Landwirtschaft ist die Öffentlichkeit nicht anwesend.

2.) Eine Grundlage des Tötens von Stieren beim Stierkampf sind bestimmte moralisch-ethische Überzeugungen und die individuellen und kollektiven Gefühle der Menschen, die dem Tod der Tiere beiwohnen; die weitere Nutzung der Tiere z.B. durch Verzehr des Fleisches und die Verarbeitung der Haut u.ä. ist in den Hintergrund getreten. Bei der Schlachtung von Nutztieren aus der Landwirtschaft ist die wirtschaftliche Nutzung und Verarbeitung der Tiere der wesentliche Grund dafür, dass die Tiere getötet werden.

3.) Beim Töten der Stiere wird den Tieren physisches und psychisches Leid zugefügt, sie sind vor dem Tod der Agonie ausgesetzt. Bei der Schlachtung von Nutztieren aus der Landwirtschaft wird versucht, das Leiden der Tiere möglichst gering zu halten; die Agonie wird durch Betäubung umgangen.

4.) Das Töten der Stiere beim Stierkampf ist ein handwerklicher Vorgang, eingebettet in ein gesellschaftliches Ritual; die Schlachtung von Nutztieren aus der Landwirtschaft ist im allgemeinen ein technisierter Prozess.
 
Will man über das Verbot von Stierkämpfen diskutieren und versuchen es durchzusetzen, muss man an dieser Stelle überzeugende Argumente finden und sauber begründen, warum die eine Art des Tötens von Tieren der anderen vorzuziehen ist und die andere Art nicht existieren darf. Ich gebe im folgenden Aussagen wieder, die im Zusammenhang mit dem Verbot von Stierkämpfen auf der Seite der Stierkampfgegner und Tierschützer vorgebracht werden, Aussagen, die ich so interpretiere
, dass sie ein solches Verbot argumentativ motivieren sollen:
  • "Das brutale und tierquälerische Schauspiel "Stierkampf" kann nicht als Kultur bezeichnet werden. Es ist eine Tortur, für die Stiere und für die Pferde. Kein kultivierter Mensch wird am qualvollen Tod von Stieren und Pferden Gefallen finden. Stierkampf ist in unserer zivilisierten Gesellschaft eine Schande."
aus: "Wir informieren ... - STIERKAMPF", Deutscher Tierschutzbund e.V., www.tierschutzbund.de, Stierkampf.pdf

  • "Der spanische Philosoph Luis Mosterín führt gute Gründe gegen den Stierkampf an: Wenn jemand die von den Stierkampf-Anhängern vorgebrachten Argumente analysiert, kann er feststellen, dass sie allesamt die himmelschreiend schlechte Behandlung, das Foltern und das Töten von Stieren unzulänglich begründen. Die einzige Behauptung, welche begründet werden könnte – obschon es kein gültiges Argument ist – liegt im Schutz, der dem Stierkampf vom spanischen Gesetz gewährt wird. Weil es eine vom Gesetz geregelte Aktivität ist, schliesst die Einhaltung der verschiedenen Regeln jegliche Möglichkeit der Anfechtung dieser Regeln aus. Daher ist die schlechte Behandlung und die grausame Tötung der Stiere erlaubt, auch wenn es himmelschreiend gegen den gesunden Menschenverstand ansteht. Gegen dieses Argument gibt es in der Tat wenig Aussichten, legale Argumente mit Erfolg anzubringen. Ja, in diesem speziellen Fall kann man behaupten, die Grundlage des Gesetzes sei unmoralisch und unethisch."
aus: "80 Jahre Tierschutzbund Basel", Bund zum Schutz der Tiere und Verein gegen die Vivisektion, Frühling/Sommer 2004, info Nr. 46, www.tierschutzbund.ch, bulletin46hp.pdf

Andere Passagen, die eine Art von Argumentation
seitens der Stierkampfgegner und Tierschützer darstellen, sind mir nicht bekannt. Profunde Begründungen für ein Verbot von Stierkämpfen sind den hier wiedergegebenen Passagen nicht zu entnehmen, Argumente klingen allenfalls implizit an, es wird jedoch an keiner Stelle eine klar verfolgbare logische Kette aufgebaut, die von einer moralisch-ethischen Grundüberzeugung über eine Argumentation zu einer Schlussfolgerung führt.

Darüberhinaus wird in diesen Passagen sehr klar, wie stark die Autoren dieser Texte davon ausgehen, dass die von ihnen verwendeten philosophischen Begriffe wie "Kultur", "kultiviert", "Zivilisation" usw. vom Leser genauso verstanden werden, wie die Autoren selbst sie verstehen. Dies ist nicht der Fall. Ein Stierkampfliebhaber sieht den Stierkampf ganz sebstverständlich als einen Teil einer Kultur an,
ebenso wie das Schlachten von Tieren im allgemeinen als Teil der vom Menschen geschaffenen Lebensformen in bestimmten Kulturkreisen angesehen wird. Unter "kultiviert" wird häufig "gepflegt", "gebildet" oder "verfeinert" verstanden; dass Menschen mit diesen Attributen zwar keinen "Gefallen am qualvollen Tod von Stieren und Pferden finden", aber dennoch Stierkämpfe besuchen, wird von Stierkampfliebhabern als eine Tatsache angesehen. Der Begriff "Zivilisation" und dessen Bedeutung - oder besser: Deutung? -  wird von Stierkampfliebhabern sehr häufig als eines der Hauptargumente für die Beibehaltung und unbedingte Verteidigung des Spanischen Stierkampfes und der damit einhergehenden Tötungsart angeführt.

Diese Interpretationsunterschiede hinsichtlich der von Stierkampfliebhabern und Stierkampfgegnern gleichermaßen verwendeten Begriffe scheinen mir einer der Hauptgründe für die Kommunikationsschwierigkeiten zwischen den beiden Gruppierungen zu sein. Ich bin davon überzeugt, dass sich seriöse Stierkampfgegner dieser Interpretationsunterschiede und der daraus resultierenden Probleme sehr wohl bewusst sind. Dennoch verwenden sie diese Begriffe ohne Klarstellung und Einordnung in der oben zitierten Form. Ich frage also diese Personen, die so agieren: Warum tun Sie das? Ich frage auch alle anderen: Warum tun diese Personen das?

Die Verwendung des Begriffes "gesunder Menschenverstand" aus dem Munde eines Philosophen bestürzt mich: Gerade von einem Philosophen erwarte ich, dass ihm der stark manipulative Charakter dieser Formulierung sowie die Tatsache, dass der Begriff  "Menschenverstand"
und seine Interpretationen - ebenso wie beim Begriff "Intelligenz" - in höchstem Maße von den
kulturellen Gegebenheiten, in denen ein Mensch sich befindet, seinem persönlichen Umfeld und seinen individuellen Erfahrungen abhängen und sich damit örtlich und zeitlich sehr stark ändern können, bewußt sind. In diesem Zusammenhang vom "gesunden Menschenverstand" zu sprechen, der suggerieren könnte, dass Meinungen und Überzeugungen, die dem "gesunden Menschenverstand" nicht entsprechen, "nicht gesund" oder womöglich "krank" oder "krankhaft" sein könnten, erinnert mich an die aus der Zeit der nationalsozialistischen Diktatur in Deutschland stammenden Formulierung des "gesunden Volksempfindens", was bei mir zu einer zusätzlichen, sehr starken Irritation führt. 

Dass Menschen Tiere töten, beruhte und beruht - auch heutzutage - im wesentlichen auf der Befriedigung menschlicher Grundbedürfnisse.
Das Töten gejagter Tiere oder heutzutage die Schlachtung von Nutztieren aus der Landwirtschaft dient zunächst der Beschaffung von Nahrung in Form von Fleisch und im weiteren der Nutzbarmachung weiterer Teile der Tiere wie z.B. der Haut, der Knochen, des Horns oder der Federn zur Bearbeitung praktischer Aufgaben unter Nutzung natürlicher - tierischer - Materialien. Ein weitergehender Aspekt ist, dass irgendwann damit begonnen wurde, beim Töten des Tieres sich das Eintreten des Todes in besonderer Weise bewusst zu machen, sich der eigenen Vergänglichkeit bewusst zu werden, der Furcht davor Herr zu werden, das momentane Weiterleben zu genießen und es unter Zuhilfenahme der dafür notwendigen Nahrung in den Mittelpunkt gemeinsamer Feierlichkeiten zu stellen, was u.a. in Opferritualen und Schlachtfesten, in Ansätzen auch bei Erntedankfesten, und eben auch beim Spanischen Stierkampf seinen Ausdruck findet. In dieser Hinsicht wird bei all diesen Ritualen ein spirituelles Grundbedürfnis des Menschen befriedigt.

Die Befriedigung dieses
spirituellen Grundbedürfnisses ist ein ganz wesentlicher Grund dafür, warum Menschen sich einen Stierkampf ansehen und warum der Tod des Stiers, das Miterleben des Todes und die Art und Weise wie der Tod herbeigeführt wird, einhergehend mit dem Todeskampf und dem sich Stemmen gegen den nahenden Tod, unverzichtbare Bestandteile dieses Rituals ist.

Es gibt noch zwei weitere wesentliche Gründe. Der erste beruht auf dem Umstand, dass der Stier, wenn er sich in der Arena befindet, den Menschen auf jeden Fall angreift, und der Mensch es immer fertigbringt, den Stier zu täuschen, immer wieder und immer wieder, so lange bis der Mensch den Stier getötet hat. Der Mensch - und damit ist hier nicht der Matador gemeint oder die Gruppe der Toreros, sondern die Gemeinschaft derer, die Nutznießer des Todes dieses Tieres sind und auch die Nutznießer des Todes eines jeden anderen Tieres, das für Menschen stirbt; die Toreros sind lediglich Vertreter dieser Gemeinschaft und führen für die Gemeinschaft das Töten aus - nutzt für sich die natürliche Eigenschaft des Stiers, sich bewegende Objekte anzugreifen, unbewegte jedoch in Ruhe zu lassen, eine Eigenschaft, die dem Stier zum Verhängnis wird; hätte der Stier diese Eigenschaft nicht, gäbe es keinen Stierkampf. Dies mit anzusehen, als ein Wesen, das den Trick von Anfang an durchschaut, ist manchmal nur schwer ertragen: ein Geschöpf, dem man sehr zugetan ist, dessen Anblick man genießt, dessen Statur, Bewegungen und Proportionen man als schön empfindet, dessen Hörner und Muskeln als Symbol für Stärke, Macht, Wildheit und Unverdorbenheit der Natur stehen, das einem Furcht einflößt, wenn es direkt neben einem steht, das man gerne berührte, wenn es einen ließe, folgt lediglich seinen Instinkten und rennt damit in den Tod, den die Gemeinschaft, der man selber angehört, für es bereithält. Die Natur des Stiers beinhaltet die Unausweichlichkeit seines Todes durch den Menschen. Nicht umsonst wird diesbezüglich an vielen Stellen von einer Tragödie gesprochen, wenn es um den Spanischen Stierkampf geht. Die Art und Weise wie der Stier auf den Tod vorbereitet wird, im wesentlichen durch die Bewegungen, die er ausführen muss, um an Kraft, Schnelligkeit und Ausdauer zu verlieren und vor allem um den Kopf so weit wie nötig zu senken, so dass ein Mensch ihn mit einem Degen erstechen kann, stellt den Gegenpol zum vorangegangenen Aspekt dar. Die Bewegungen, die der Stier tut, das Zusammenspiel, in dem er sich zusammen mit dem Matador und den anderen Toreros befindet, die dabei enstehende Harmonie, die darin immer wieder auftretenden Brüche, der Wechsel der Geschwindigkeiten, der Beginn einer Serie von Passagen von Stier und Mensch, deren Abschluss und der daran anschließende Beginn einer neuen Serie sind von atemberaubender Schönheit, und diese Schönheit entpuppt sich nur dadurch, dass der Mensch mit dem Stier so agiert wie er es beim Stierkampf tut. Beim Stierkampf erschließt sich eine natürliche Facette im Verhältnis zwischen Stier und Mensch, die ohne den Stierkampf nicht zu Tage treten würde; diese Facette ist es, die viele Leute vom Spanischen Stierkampf als einer Kunstform sprechen lassen, oder zumindest davon, dass der
Spanische Stierkampf kunstvolle Elemente enthält. Diese beiden Gefühle, das starke Bewusstsein um die Unausweichlichkeit des Todes für ein geachtetes und geehrtes Geschöpf einerseits und die Erhabenheit aufgrund der erlebten Schönheit, deren Großartigkeit einen feierlich stimmt, andererseits, der Zwiespalt, in dem man sich aufgrund dieser zwei widerstreitenden Regungen befindet, die Beklommenheit, weil ein Tier für einen getötet wurde, und die Erleichterung darüber, dass das Tier schließlich gestorben ist, sind die emotionale Basis dafür, dass Menschen zum Stierkampf gehen, dabei ein Fest feiern und dies immer wieder tun wollen.

Der dritte Grund hängt zusammen mit der Akzeptanz, die man grundsätzlich für das Töten von Tieren aufbringt. Wer zum Stierkampf geht erklärt sich einverstanden mit dem Töten von Tieren. Jeder von uns tötet Tiere, sei es zu Hause, wenn man eine Fliege im Leim am Fliegenfänger verhungern und verdursten lässt, wenn man eine Spinne in den Ausguss spült, anstatt sie auf das Fensterbrett zu setzen, wenn man im Garten aus Angst die Hornisse zerschlägt oder die Kakerlake auf der Straße zertritt. Die wenigsten machen sich in diesen Momenten wirklich bewusst, dass sie getötet haben. Dass für sie getötet wurde, machen sich die meisten ebensowenig bewusst, wenn sie ein Stück Fleisch oder Wurst, Fisch, Geflügel oder Wild oder sich Produkte aus oder mit Leder, Knochen, Federn usw. kaufen oder Kosmetika und gut getestete Medikamente. Es gibt nicht viele Menschen, die auf nur eine dieser Annehmlichkeiten oder sogar auf alle verzichten wollten. Es gibt aber viele und immer mehr Menschen, die diese Zusammenhänge aktiv in ihrem Bewusstsein verankern wollen und auch in der Öffentlichkeit zu ihrer Akzeptanz des Tieretötens stehen wollen und für die Konsequenzen die Verantwortung offen mit übernehmen wollen. Ein Weg, dies zu tun, ist, sich das Töten von Tieren anzuschauen, den Weg der Tiere in den Tod mitzuerleben und sich dabei des Schicksals der Tiere und ihres Leides bewusst zu sein. Dies tut man, wenn man sich einen Spanischen Stierkampf ansieht. Ganz wesentlich ist dabei, dass das Töten der Tiere in der Öffentlichkeit ausgeführt wird, dass es sich dabei um einen handwerklichen Vorgang handelt, dass der Mensch Mühe damit hat, das Tier zu Tode zu bringen, dass er sich diese Mühe machen muss und er sich diese Mühe machen will, genauso wie er sich die Mühe machen will, den Tod mitanzusehen; es ist ganz wesentlich, dass die Herbeiführung des Todes kein technisierter Prozess ist, dessen Ausführung man mit großer Leichtigkeit aus dem Wege kann. Beim Ansehen eines Stierkampfes stellt man sich öffentlich der Konsequenz, dass, wenn man Tiere zum eigenen Nutzen töten lässt, sie - auch für einen selbst -  sterben müssen: Man macht sich ehrlich.

Dass man sich heutzutage in unserem Lande so weit vom öffentlichen Schlachten der Tiere entfernt hat, dass man die Zurschaustellung der zum Verzehr bestimmten toten Tiere z.B. beim Fleischer weitestgehend ablehnt, ist ebenso beklagenswert und falsch wie die Entwicklung, dass bei vielen Menschen - sehr häufig zu beobachten bei Kindern, da es von den Erwachsenen nicht tradiert wird - kein Bewusstsein mehr dahingehend besteht, wann es richtig sein kann, ein Tier zu töten, und wann es das nicht ist. Der Stierkampf und die Sicherstellung seiner Existenz stellen sich dieser Entwicklung entgegen.

Diese drei Hauptgründe für den Spanischen Stierkampf sind sehr stark davon gekennzeichnet, dass sie das individuelle Wohl eines Menschen betonen; die in diesen Argumenten zusätzlich enthaltenen Aspekte, die das Wohl der Gesellschaft betreffen, sind sekundärer Natur. Gleichwohl gibt es eine ganze Reihe von Argumenten für den Spanischen Stierkampf, die in erster Linie das gesellschaftliche Wohl betreffen:
  • Der Spanische Stierkampf ist ein traditioneller Teil der spanischen Kultur und hat darüberhinaus bleibenden Eingang in die Kulturen Frankreichs, Portugals und Lateinamerikas gefunden. In keinem dieser Länder - Spanien eingeschlossen - wird der Stierkampf durch Touristen am Leben erhalten, sondern es sind die einheimischen Bevölkerungen, die den Hauptanteil der Zuschauer ausmachen. Wenn durch die Abschaffung von spezifischen kulturellen Ausprägungen in bestimmten Ländern und Regionen die individuelle Identität der dortigen Bevölkerung oder von dort lebenden Bevölkerungsteilen beschnitten wird, werden wir in einer "einfarbigen", gleichartig gemachten, nur durch wenige innere Unterschiede und Verschiedenheiten gekennzeichneten Welt enden. Viele Menschen wollen das nicht, viele Menschen wollen eine möglichst große Vielfalt in der Welt, in der Gesellschaft und ihrem eigenen Leben aufrechterhalten!
  • Der Kampfstier ist ein beeindruckendes, schönes wildes Tier und wird als ein solches von den Anhängern des Stierkampfes angesehen. Der Stierkampf ist so konzipiert, dass u.a. verborgene, vom Menschen besonders geschätzte Qualitäten des Tieres offenbar werden; der Stier wird nicht gedemütigt, geringgeschätzt oder herabgewürdigt. Würde der Stierkampf abgeschafft, bestünde die große Gefahr, dass der Kampfstier als Rasse verschwindet, da kein Grund mehr bestünde diese Rinder in dem bisher bestehenden Ausmaß aufzuziehen. Anblicke wie die folgenden würden wahrscheinlich selten werden, vielleicht ganz verschwinden:




Foto: Carlos Arévalo



Foto:
Alberto Simón


Foto: Luis Miguel Parrado




Foto: Joaquín Arjona


Foto: Joaquín Arjona
 


Foto: Alberto Simón



Foto: Joaquín Arjona


Alle Bilder sind verschiedenen Ausgaben der spanischsprachigen Wochenzeitschrift 6toros6 entnommen.


Es sei in diesem Zusammenhang auf das Konzept "Erhalten durch Aufessen!" hingewiesen, mit dem erfolgreich z.B. das Leineschaf im Landkreis Göttingen und im Leinebergland, siehe http://www.leinelamm.de, wieder angesiedelt werden konnte, nachdem es mehrere Jahrzehnte aufgrund einer zu geringen Nachfrage verschwunden war; das gleiche wird mit dem Bunten Bentheimer Schwein, siehe http://www.bentheimer.de/html/bunte_bentheimer_schweine.html, unternommen. Ein ähnlicher Mechanismus ist beim Kampfstier wirksam und erhält dadurch diese Rinderrasse.
  • Der Spanische Stierkampf bewahrt die Wertschätzung gesellschaftlicher Werte und menschlicher Tugenden, wie Mut und Durchsetzungsvermögen, Unerschütterlichkeit und Gelassenheit, die Besinnung auf die eigenen Prinzipien und Lebensgrundsätze und die Ausübung von Gerechtigkeit auch in Situationen, in denen man unter Druck steht. Diese Werte und Tugenden werden immer wichtiger, will man die Herausforderungen, die die gesellschaftlichen Veränderungen in Europa und in der Welt in der Zukunft mit sich bringen werden, mit Vernunft und bestmöglich meistern.
  • Abgesehen von der Tatsache, dass der Stierkampf eine kulturelle Tradition ist, die selbst eine Vielzahl künstlerischer Elemente in sich trägt, lieferte und liefert er Künstlern, Schriftstellern und Filmemachern und Fotografen auf den ganzen Welt (z.B. Goya, Picasso, Manet, Bacon, Botero, Rotgans u.v.a.; Lorca, D. H. Lawrence, Hemingway, Michener, A. L. Kennedy u.v.a; Almodóvar, Bartels-Suermondt u.a.) wichtige Inspirationen für ihre Arbeit. Ohne Stierkampf würden diese Inspirationen verlorengehen und die Welt würde in dieser Hinsicht ärmer.
  • Spanien, mit seinen arabischen und ländlichen Einflüssen, ist ein einzigartiges Land in Westeuropa, und der Stierkampf ist Teil dieser Einzigartigkeit. Für viele Nichtspanier ist die Existenz des Stierkampfes eine wichtige Quelle gewesen, um eine tiefe Wertschätzung für Spanien und seine Bevölkerung zu entwickeln. Auch für künftige Generationen soll diese Quelle verfügbar sein.
Zwei weitere wichtige Aspekte zu nennen, ist unvermeidlich, wenn man für den Stierkampf argumentiert. Obwohl diese Aspekte keine Argumente sein können, müssen sie trotzdem berücksichtigt werden, denn sie berühren die ungleiche Behandlung von Kampfstieren und Nutzvieh, das im Schlachthaus getötet wird, und es ist ja gerade diese ungleiche Behandlung, die das Fundament eines Disputs um den Spanischen Stierkampf darstellt:
1.) Die Anzahl von Stieren, die jedes Jahr in Stierkampfarenen getötet werden, ist verschwindend gering im Vergleich zu den Zahlen von Tieren die routinemäßig geschlachtet werden, um Menschen mit Fleisch und tierischen Nebenprodukten zu versorgen. Das Leben des Kampfstiers ist im Gegensatz zu den meisten dieser Tiere, die im Rahmen der Fleischproduktion aufgezogen werden, von jahrelanger Freiheit, artgerechtem Leben und umfassendem physischem und psychischem Wohlergehen gekennzeichnet.

2.) Wissenschaftliche Studien haben Zweifel daran aufgebracht, dass der Stier signifikante Schmerzempfindungen während des Kampfes in der Arena hat, und es gibt Hinweise darauf, dass der Transport zur Plaza de Toros den Stier stärker unter Stress setzt als der Kampf selbst. Dies ist zu berücksichtigen unter dem Wissen, dass die Transportmethode für Kampfstiere einen weit höheren Standard aufweist, als diejenige, mit der Nutzvieh zum Schlachthaus gebracht wird.

Es folgen zwei Zitate von den Webseiten des Deutschen Tierschutzbundes, die deutlich machen, hinsichtlich welcher Aspekte der Spanische Stierkampf einen Beitrag zum Tierschutz leistet, natürlich ohne die Forderung nach einem möglichst schnellen Tod mit einem möglichst geringen Maß an Schmerzen jemals erfüllen zu können:

"Jedes Mitgeschöpf hat Anspruch auf Unversehrtheit und ein artgerechtes Leben. Wir wollen, dass dieser Anspruch für alle Tiere verwirklicht wird - in der Wirtschaft, der Forschung, im Privathaushalt und wo immer der Mensch mit Tieren Umgang hat. Wir wollen, dass Tiere in ihren natürlichen Lebensräumen geschützt werden. Tier-, Natur- und Artenschutz sind für uns untrennbar miteinander verbunden."
(Quelle: http://www.tierschutzbund.de/00076.html)

"Frei lebende Tiere wirksam zu schützen, bedeutet vor allem auch die Bewahrung und Wiederherstellung ihrer Lebensräume."
(Quelle: http://www.tierschutzbund.de/00424.html)

Hinsichtlich der Forderungen nach artgerechtem Leben, dem Schutz der Tiere in ihren natürlichen Lebensräumen, dem Artenschutz und der Bewahrung ihrer Lebensräume decken sich die Ansichten des
Deutschen Tierschutzbundes mit der Praxis bei der Aufzucht von Kampfstieren.

Im Zusammenhang mit dem Sicherstellen eines artgerechten Lebens muss auch die Frage nach einem artgerechten Sterben und einem artgerechten Töten von Tieren gestellt werden. Der Begriff des artgerechten Lebens von Tieren erhält seinen Sinn erst dadurch, dass der Mensch beginnt sich Tiere nutzbar zu machen, sie aus ihrer natürlichen Umgebung entfernt, sie in seiner eigenen Umgebung hält und sie in einem wirtschaftlichen Kontext zur Befriedigung einer Nachfrage wie eine Ware produziert. Wenn in diesem Kontext das artgerechte Leben sichergestellt wird, müsste dann in einem nächsten Schritt nicht auch das artgerechte Sterben für die Tiere und damit auch das artgerechte Töten der Tiere durch den Menschen sichergestellt werden? Lautet die Antwort "ja", muss man fragen: "Wie tut man das?" Im allgemeinen sucht kein Tier den Tod; gelangt ein Tier durch den Menschen bei einer Schlachtung zu Tode, ist der Tod aufgezwungen: Wie zwingt man einem Tier den Tod auf eine Weise auf, so dass dieser Vorgang der Natur des Tieres möglichst nahe kommt?

Ist das Töten eines Stiers beim Spanischen Stierkampf - im Gegensatz zur Zerstörung oder Beschädigung seines Gehirns durch den üblichen Einsatz eines Bolzenschussgerätes und anschließendes ausbluten lassen
4 - womöglich eine Art zu töten, die der Natur des Kampfstiers nahe kommt?

Abschließend zitiere ich folgende Ansicht, die man auf einer Anti-Stierkampfwebseite findet und die die Kommunikationsschwierigkeiten zwischen Stierkampfgegnern und Stierkampfanhängern, die sowohl den unterschiedlichen Grundeinstellungen und einem unterschiedlichen Verständnis von Begriffen geschuldet sind, nochmals deutlich macht:       

"Eine Kultur, die sich auf das öffentliche Abschlachten von empfindsamen Tieren stützt, verdient diesen Namen nicht."
(Quelle: http://www.stop-corrida.info/3.1.warnung.htm)

Abgesehen von den Irritationen, die bei mir durch die Verwendung des Wortes "Abschlachten" - Gibt es einen Unterschied zwischen Abschlachten und Schlachten? Wenn ja, was ist der Unterschied? - und durch die Einschränkung der Aussage auf "empfindsame Tiere" ausgelöst werden, kommt durch die Grundhaltung dieser Aussage ein wesentlicher Überzeugungsunterschied zum Ausdruck: Dass das Schlachten von Tieren so stark aus der öffentlichen Wahrnehmung und der Wahrnehmung des Einzelnen verschwunden ist, ist eine Fehlentwicklung, die dazu geführt hat, dass sich die Mehrheit nicht mehr wirklich bewusst ist, dass ständig Tiere zum Wohle der Menschen getötet werden. Darüberhinaus sind sich die meisten nicht im klaren darüber wie eine Schlachtung vor sich geht: Dass das Schlachten eines Tieres mit dem Vergießen von Blut verbunden ist, mit dem Ausscheiden von Darm- und Blaseninhalt einhergehen kann, dass Haut und Fleisch zerschnitten werden, dass der Körper des Tieres vollständig zerstört wird, damit der Mensch ihn nutzen kann, ist heutzutage für viele Menschen überraschend, erschreckend und teilweise schockierend. Für diejenigen, die in irgeneiner Form Nutznießer des Tötens von Tieren sind, in welcher Art auch immer, sollte wenigstens das Wissen darum eine Normalität sein.



Ich habe diesen Artikel aus mehreren Gründen geschrieben. Einerseits sehe ich, dass sich die Stierkampfanhänger, die sich hierzulande in einer Minderheit befinden, zu wenig zu ihrer Zuneigung, ihrer afición, bekennen, sich nicht in ausreichendem Maße der Konfrontation mit Stierkampfgegnern stellen und häufig ebenso unsachlich und polemisch reden, wie es Stierkampfgegner und Tierschützer an vielen Stellen und in vielen Situationen tun. Dieser Text ist möglicherweise eine Argumentationsbasis und Diskussionsgrundlage und hoffentlich ein Beispiel für eine sowohl sachliche, als auch - wenn auch in weit geringerem Maße - gefühlsbetonte, aber emotionsfreie Auseinandersetzung mit dem Spanischen Stierkampf von Seiten eines deutschen aficionado.

Andererseits sehe ich, wie Stierkampfgegner und Tierschützer in den Diskussionen und ihren Kampagnen Behauptungen aufstellen, die teilweise nachweislich falsch sind, teilweise von sehr zweifelhaftem Wahrheitsgehalt, häufig nicht belegt oder belegbar sind und ohne Quellenangaben zitiert werden, ohne dass über die in den Behauptungen geäußerten Sachverhalte debattiert und gestritten wird. Die Mehrheit der Hörer oder Leser dieser Behauptungen hat keine ausreichenden Kenntnisse, um die darin gemachten Äußerungen zu hinterfragen oder gar deren Wahrheitsgehalt zu überprüfen. Zusammen mit Darstellungen sterbender oder toter Stiere, die im wesentlichen genauso aussehen wie jedes geschlachtete Rind, wird bei vielen eine emotionale Basis geschaffen, gegen den Stierkampf zu empfinden und sich in einem nächsten Schritt gegen ihn zu wenden. Doch werden viele der so Angesprochenen nicht auf Basis sachlicher Argumente überzeugt, sondern zu einer Haltung getrieben, ohne dass es ihnen bewusst wird oder bewusst gemacht wird: Das ist Manipulation und das muss man verhindern!

Dieser Text sei also auch für 
Stierkampfgegner und Tierschützer eine Diskussionsgrundlage und, vor allem anderen, eine Einladung an Sie, sich in offenen und ehrlichen Disputen zu den Grundlagen Ihrer Lebenseinstellung öffentlich zu bekennen. Was ich von Ihnen wissen möchte, um Ihre Haltung nachvollziehen und für Ihre Überzeugungen Respekt entwickeln können, ist die Beantwortung z.B. folgender Fragen:
  • Dürfen die Menschen Tiere töten, und darf der Einzelne ein Tier töten? Wenn nicht, warum nicht?
  • Sollte man das Töten von Tieren durch den Menschen verhindern? Wenn ja, wie sollte das bewirkt werden?
  • Sollte man das Töten von Tieren durch den Menschen weltweit verhindern? Darf es oder muss es Ausnahmen geben? Muss man Unterschiede machen zwischen den Industrienationen, Schwellenländern und Ländern der Dritten Welt? Wenn ja, warum?
  • Sollten Tiere - im wesentlichen - dieselben Rechte haben wie Menschen? Wenn ja, warum? Darf es oder muss es Ausnahmen geben?
  • Welche ethischen und moralischen Werte und Grundüberzeugungen sind Basis für die Anworten auf die gestellten Fragen?
  • Welche Gefühle und Emotionen spielen bei den Anworten auf die gestellten Fragen ein Rolle? Wie wirken sich diese Gefühle und Emotionen in welcher Weise aus?
Für dringend geboten halte ich von Seiten des Tierschutzes eine differenzierte Argumentation, die den Tierschutzgedanken auf ein emotionsfreies, gut nachvollziehbares Fundament stellt.

Dieser Text will auf keinen Fall Stierkampfgegner von der Richtigkeit des Stierkampfes überzeugen, genausowenig wie ich als
aficionado davon überzeugt werden könnte, dass er verwerflich sei. Er soll verstanden werden als Beitrag zu einem Austausch zwischen Stierkampfanhängern und Stierkampfgegnern um die jeweils andere Seite unter Wahrung aller Unterschiede verstehen zu lernen. Er soll dazu beitragen, über die Unterschiede in den Ansichten, Überzeugungen und Gefühlen offen und ehrlich zu streiten, der Manipulation, die ich auf der Seite der Tierschützer zu erkennen glaube, und der Unsachlichkeit und den Beschimpfungen und Beleidigungen von beiden Seiten Einhalt zu gebieten.

Im Moment halte ich es für ausgeschlossen, dass sich beide Seiten jemals akzeptieren oder wenigstens Respekt für ihre unterschiedlichen Standpunkte aufbringen
könnten. Wenn es allerdings gelingen würde, in absehbarer Zeit ein Mindestmaß an gegenseitiger Toleranz zu erarbeiten, wäre dies ein großer, erfolgreicher Schritt.


Andreas Krumbein, im Sommer 2007 







     1) Es sei in diesem Zusammenhang eine saubere Unterscheidung zwischen einer Emotion als automatischer Antwort des Körpers auf eine bestimmte Situation,
          z.B. dem Erröten der Gesichtshaut oder Blitzen der Augen vor Lust, und einem Gefühl, einer bewusst wahrgenommen Emotion, z.B. Scham oder Freude,
          gemacht.
     2) Ich bitte alle, sowohl Stierkampfbefürworter als auch Stierkampfgegner, diese Broschüre zu lesen und die manipulativen Stellen im Text ausfindig zu machen.
          Ich hatte beim Lesen dieser Broschüre den Eindruck, Unwissende sollen zur Annahme einer Haltung "getrieben" und nicht überzeugt werden.
        3 Pamphlet: Form publizistischer Angriffsliteratur, auf politische, gesellschaftliche oder literarische Ereignisse bezogene Polemik; v.a. persönlich attackierend,
         weniger sachbezogend argumentierend, Quelle: Die Zeit, Das Lexikon in 20 Bänden, Band 11, Zeitverlag, Gerd Bucerius GmbH & Co. KG, Hamburg 2005
        4 "Da eine sofortige Tötung durch alleinige Anwendung des Bolzenschusses jedoch nicht garantiert werden kann, muss bei der Schlachtung der Tod
          unverzüglich durch Blutentzug herbeigeführt werden." [Quelle: "Tierschutzgerechte Bolzenschussbetäubung" (PDF) des Bundesinstituts für gesundheitlichen
          Verbraucherschutz und Veterinärmedizin (BGVV), Juni 2001]


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Dr. Andreas Krumbein, 18. Januar 2009